Gedanken zum Sinn unserer Tätigkeit in der VZE
Hans Riegler
AG Gesangskanarien in der VZE
Der in der VW 11/2011 erschienene Artikel von A. Wöhrmann wendet sich stark verkürzt ausgedrückt mit dem Anliegen an unsere Mitglieder, die Bemühungen um den Artenschutz in der VZE zu intensivieren. Auf einem Gebiet also, auf dem unsere Vereinigung mit ihren Spezialisten über sehr viel Fachkompetenz verfügt und durch die Mitwirkung an den verschiedenen Erhaltungszuchtprogrammen national und darüber hinaus hohes Ansehen genießt.
Allerdings denke ich, dass dieser gute Ruf neben der Arbeit des Präsidiums und einiger anderer Persönlichkeiten praktisch auf den Leistungen und Erfolgen von doch überschaubar wenigen Züchtern beruht, wenn man das im Verhältnis zu den ca. 4300 Mitgliedern sieht. Insofern könnte nach meiner Auffassung also selbst auf diesem in der Kernkompetenz der VZE liegenden Gebiet noch ein riesiges ungenutztes Potential für den Artenschutz erschlossen werden, wenn noch mehr Züchter mit ihrem Erfahrungsschatz im Rahmen ihrer Möglichkeiten bewusst und gezielt an der Erhaltung von Arten mitarbeiten würden.
Als Kanarienzüchter nicht direkt angesprochen hat mich der Aufruf von A.Wöhrmann dennoch zum schreiben dieses Beitrags angeregt, weil ich in den Grundsatzaussagen der Veröffentlichung durchaus Parallelen zu der Situation der Kanarienzucht sehe.
Nur geht es in unserem Fall nicht um die Bestandssicherung einer Art, sondern um die Erhaltung der in ihrer Existenz bedrohten Kanarienrasse „Harzer Roller“, nach meiner Kenntnis dem einzigen Haustier, das im Laufe der Domestikation stimmlich gezielt verändert wurde.
Auf den dramatischen Bestandsrückgang habe ich bereits mehrfach hingewiesen, will das aber noch einmal damit belegen, dass es in Deutschland im Jahr 1991 noch 1832 Gesangskanarienzüchter gegeben hat, im Jahr 2003 waren es noch 785 und diese Zahl dürfte sich inzwischen noch einmal mindestens halbiert haben. Das Ende einer alten Kulturrasse ist also abzusehen, wenn es uns nicht gelingt, diesen Trend umzukehren oder zumindest aufzuhalten. Unseren Beitrag dazu sehen wir als Arbeitsgemeinschaft Gesangskanarien der VZE darin, dass wir neben reinen Harzern auch Gesangsvögel in neuen Farben züchten, um der Forderung des Altmeisters und Pioniers der Farbenkanarienzucht J. Henniger entsprechend die schöne Farbe und den guten Gesang in einem Vogel zu vereinen und um damit vor allem neue Interessenten für diese Zuchtrichtung zu gewinnen.
In den etwa sieben Jahren, in denen inzwischen auch Gesangszüchter eine Heimat in der VZE haben, ist uns letzteres aber leider allenfalls ansatzweise gelungen. Wohl wissend, dass jeder Züchter natürlich seine Vorlieben für eine bestimmte Zuchtrichtung hat, hatten wir doch immer etwas Hoffnung, dass der eine oder andere Farbenzüchter sein Wissen und seine praktischen Erfahrungen mit bei uns einbringt, wenn „seine“ oder eine ihn interessierende Farbe jetzt auch mit veredeltem Gesang zu haben ist.
Immerhin haben wir allein im Verein Gotha bereits Farben-Gesangskanarien mit Haube, in lipochrom rot , schwarz rot, weiß dominant, schwarz weiß dominant, schwarzopal gelb, schwarzopal weiß, braun und Mosaik gezüchtet, stoßen in unseren kleinen Zuchten damit aber auch schon an Grenzen.
Für jedes aus der Farbenzucht für die Gesangsrichtung geholte Merkmal muss man immerhin mindestens fünf oder zehn Jahre veranschlagen, je nachdem, ob dieses dominant, geschlechtsgebunden, intermediär oder rezessiv vererbt wird. Es wäre also schön, wenn wir mit den schon vorhandenen Farben eine größere Breite erreichen und uns weiteren Farben zuwenden könnten, denn im Prinzip lassen sich alle Kanarienfarben auf die Gesangsvögel übertragen.
Gute Argumente für unsere Farben-Gesangskanarien gibt es, z.B. kann es mit ihnen keinen Ärger mit angrenzenden Nachbarn wegen zu lauter Vögel in der Voliere geben, wie mir Fälle bekannt sind.
Noch wichtiger scheint mir aber, dass die Züchter selbst mehr Freude daran haben. Unsere Vereinsmitglieder K. Eisentraut und B. Pracht bedauern heute, dass sie nicht schon viel früher den Schritt von der reinen Farbenzucht zu den Farben-Gesangskanarien vollzogen haben.
Überzeugt bin ich auch davon, dass der laute und schrille Gesang der Farbenkanarien mit ein Grund für den generellen Rückgang von Kanarien als Stubenvogel ist. In Zoohandlungen wissen die Verkäufer und die meisten Kunden nichts von Gesangskanarien, die es dort auch kaum noch gibt.
Die Käufer der Farbenvögel sind dann oft enttäuscht und kaufen wegen des für die Wohnung zu lauten und störenden Gesangs kaum wieder einen Kanarienvogel. Es hatte doch auch seinen Grund, dass der Siegeszug der Kanarien im Weltmaßstab punktgenau erst mit Zucht des Edelrollers einsetzte. Wenn heute oft kolportiert wird, dass das Lied der reinen Harzer zu leise ist und dass nur noch die Haupttouren gebracht werden, dann entgegne ich, dass diese vorrangig für die Wohnung gezüchtet wurden und werden. Aber selbst die bei unseren Farben-Gesangskanarien noch nicht so vorhandenen besonders leise und tief singenden Spitzenvögel, die die Kenner und Zuchtrichter besonders begeistern, bringen später in üblichen Käfigen und unter allgemein üblichen Bedingungen einen etwas lauteren Gesang und auch die leichteren Touren, die den Gesang für den normalen Liebhaber abwechslungsreicher machen.
Mit meiner Werbung für die Gesangsrichtung wende ich mich zwar auch, aber nicht in erster Linie an die Farbenzüchter, denn sie arbeiten schließlich bewusst und zielgerichtet an der Vervollkommnung ihrer Rasse gemäß eines gültigen Standards. Daneben werden in der VZE aber noch sehr viele Kanarien „nebenbei“ und ohne jeden Anspruch an ein bestimmtes Zuchtziel gehalten.
In meinen Augen ist es ein großes Armutszeugnis, wenn z.B. in Thüringen auf VZE-Landesmeisterschaften seit Jahren überhaupt keine Farben- oder Positurkanarien vorgestellt werden und in diesem Bereich liegen auch die eigentlichen Reserven auf dem Gebiet der Kanarienzucht in der VZE.
Sicher muss man in dem einen oder anderen Fall Verständnis dafür aufbringen, wenn jemand aus beruflichen oder anderen Gründen nicht am Ausstellungswesen teilnehmen kann. Diese Zuchtfreunde und die, die einfach nur an Pokalen oder einem Urteil der Zuchtrichter nicht interessiert sind, könnten sich aus meiner Sicht trotzdem mit für die Weiterentwicklung der Kanarienzucht in unserer Vereinigung einbringen, wenn wir zusammenarbeiten würden. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Züchtung eines neuen Farbenschlages bei unseren Farben-Gesangskanarien mindestens fünf oder auch zehn Jahre in Anspruch nimmt. In dieser Zeit fallen Vögel, die noch nicht für Ausstellungen in Frage kommen, weil sie den Anforderungen für eine Bewertung noch nicht genügen. Für vorrangig an Wettbewerben interessierten Züchter ist das ein Handicap, wer daran nicht so interessiert ist, könnte sich aber sehr gut der Neuzüchtung einer neuen Farbe seiner eigenen Wahl unseren Farben-Gesangskanarien widmen, müsste also persönliche Vorlieben nicht zurückstellen. Das wäre mit Sicherheit auch kein finanzielles Problem und vor allen Dingen ein wertvoller Beitrag im Sinne der von A. Wöhrmann angemahnten Verantwortung unserer Züchtergeneration für die Zukunft.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch den Hinweis noch einmal aufgreifen, dass über die Leitungen unserer Interessengemeinschaften die Mitglieder für die anstehenden Aufgaben begeistert werden sollten. Ich habe allerdings den Eindruck, dass unsere IG Kanarien diesem Anspruch z.Zt. nicht gerecht wird und dass sich deren Arbeit gegenwärtig mehr oder weniger auf die Organisation einer jährlichen Veranstaltung für eine kleine Gruppe von Farben- und Positurzüchtern beschränkt. Der größte Teil der Kanarienzüchter der VZE ist nicht in die Aktivitäten der IG eingebunden und spürt nicht einmal etwas von ihrer Existenz.
Wenn L. Schröder in Mecklenburg –Vorpommern sogar verbandsübergreifend Stammtischgespräche für alle Kanarienzüchter in seinem Bundesland organisiert, dann müssten wir doch Wege finden, wie wir die Kanarienzüchter der VZE für eine breite Diskussion und Mitarbeit im Sinne der Stärkung und Weiterentwicklung der Kanarienzucht in unserer Vereinigung gewinnen können. Eine solche zielgerichtete und ernsthafte Mitarbeit an Programmen für die Zukunft würde nach meiner Auffassung die Freude an unserem Hobby für jeden einzelnen keineswegs schmälern, sondern im Gegenteil eher steigern. Meine Ausführungen sollen dafür nur eine Anregung sein, betonen will ich trotzdem noch einmal, dass gegenwärtig nur die Zucht von Farben-Gesangskanarien in unserer AG national und darüber hinaus etwas wirklich Neues ist.
Abschließend möchte ich noch ein Problem ansprechen, das mit der VZE nur bedingt zu tun hat. Es gibt gerade bei Kanarien eine große und schwer zu beziffernde Zahl von „wilden Züchtern“, die in keinem Vogelzuchtverband organisiert sind und auf die somit auch niemand Einfluss nehmen kann. Diese entbehren das Vereinsleben offenbar nicht, weil sie sich in der Regel anlässlich von Vogelbörsen treffen und untereinander austauschen. Das ist legitim, es werden dort aber auch die von ihnen gezogenen Vögel angeboten und darin sehe ich ein Problem. Nach meiner Kenntnis muss lt. Gesetz alles, was im Handel verkauft wird, so gekennzeichnet sein, dass zumindest Hersteller und Herstellungsdatum zu ersehen sind.
Deshalb verstehe ich nicht, dass Vögel auf Börsen und im zoologischen Fachhandel ohne geschlossenen Fußring eines Dachverbandes mit den entsprechenden Daten verkauft werden dürfen.
Ich weiß nicht, ob es staatlicherseits Sondergenehmigungen dafür gibt, meine aber, dass das unterbunden werden müsste. Einmal aus Gründen des Käuferschutzes, aber auch aus der Sicht veterinärmedizinischer Kontrollen. Diese sind eine Farce, wenn die Herkunft der Tiere im Problemfall nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann. Hier sollten meiner Meinung nach die Vogelzuchtverbände gemeinsam gegenüber den zuständigen staatlichen Stellen einschreiten. Für die Mitgliederentwicklung könnte sich das außerdem nur positiv auswirken.
Hans Riegler
AG Gesangskanarien in der VZE
Unser neues Vereinslokal in der Geschwister-Scholl-Straße 31. Am 15.12.2017 war die Einweihungs- feier
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